Kennst Du das? Audits kommen einfach immer zu früh – ähnlich wie Weihnachten. Sie sind oftmals mit Stresspotenzial verbunden und der Angst, dass man keine passende Antwort parat hat. Dabei sind Audits immer eine Chance: Sie sollen Verbesserungspotenziale in Abläufen und Prozessen aufzeigen, die im Alltagsgeschäft oftmals übersehen – oder vielleicht ignoriert – werden. Wie das stressfreier ablaufen kann, hat uns Sandro Di Labio, Geschäftsführer von mindquality GmbH, am QQ-Impuls mit einem anderen Ansatz gezeigt, der sich in der Medizintechnikindustrie vielerorts bewährt hat. Dabei wird das Zepter nicht dem Auditor überlassen.
Audits sollte man auf keinen Fall nach «Schema F» durchführen. Tipps, wie auf dieser Folie links dargestellt, hört und liest man immer wieder: Spreche nicht zu viel, beantworte nur genau das, was Du gefragt worden bist, zeige Deine Unterlagen nicht zu lange, antworte kurz und vieles mehr.
Aufgrund der Erfahrung von Sandro ist das nicht wirklich zielführend. Es ist niemand in der Lage, sich über längere Zeit zu verstellen. Zudem sind Auditoren bzw. Auditorinnen dafür da, die bestehenden Prozesse zu überprüfen, um Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Und das ist eine gute Sache. Bei einem Audit sollte miteinander und nicht gegeneinander gearbeitet werden.
Und wie könnte es besser gemacht werden? In erster Linie mit Vorbereitung! Und zwar nicht seitens des Auditors bzw. der Auditorin, sondern seitens der Auditierten. Mit Hilfe einer guten Vorbereitung behältst Du das Zepter während des gesamten Audits in der Hand. Und wie funktioniert das? Indem Du Deine Geschichte (Story) schon im Vorfeld parat hast. Mit Storys sind keine Märchen gemeint, sondern Fakten, die Du in eine stimmige Geschichte packst. Du solltest Dir Gedanken machen, was Du wie erzählen und zeigen möchtest und in welcher Tiefe. Dafür musst Du Dich vorbereiten.
Regel 1
Wisse genau (im Voraus), was der Auditor bzw. die Auditorin Dich fragen wird
Da wir in der Regel keine funktionierende Glaskugel zur Hand haben, die uns sagt, was die Auditoren bzw. Auditorinnen wissen möchten, müssen wir uns im Vorfeld Folgendes fragen:
- Was wird denn überhaupt auditiert?
- Wie sieht das Auditprogramm genau aus?
- Wo liegt der Fokus?
- Welche Bereiche werden abgefragt?
- Welche Fragen könnten in den einzelnen Auditschritten gestellt werden?
- Wo liegen unsere Stärken?
- Wo haben wir Mankos?
- Wo sind wir mitten im Verbesserungsprozess?
- Was wurde die letzten Male auditiert?
- Was wurde bei den letzten Audits festgestellt – positiv wie negativ?
- Welche Konsequenzen hätte ein schlechtes Auditergebnis?
Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu informieren, um die obigen Fragen zu beantworten: Wie Du in der Folie gegenüber siehst, geben die Unternehmen im Voraus Informationen weiter, damit sich die Auditoren bzw. Auditorinnen einlesen können. Diese fragen dabei neben den sogenannten Facts & Figures der Unternehmen explizit nach signifikanten Änderungen, nach laufenden oder abgeschlossenen Konformitätsbewertungsverfahren sowie Zulassungen wie auch Entwicklungsprojekten. Genau hier wird nachgehakt werden. Das bedeutet, Du kannst die gesamte vorgängige Korrespondenz als Basis für das nachfolgende Audit nehmen. Nimm nun das Zepter in die Hand: Lenke mit den Informationen, die Du im Vorfeld lieferst, das bevorstehende Audit!
Das alles nimmt Zeit in Anspruch und muss frühzeitig eingeplant werden. Dennoch lohnt sich eine gute Vorbereitung auf jeden Fall, denn nach einem schlechten Auditbericht nachzubessern benötigt in der Regel noch mehr Zeit – und Nerven.
Tipps
Nutze Auditchecklisten für
Normen wie auch die Auditberichte der letzten Jahre, damit Du ein Gefühl dafür
erhältst, was gefragt werden könnte. Eine nützliche Quelle ist zudem das MDSAP Audit Approach Dokument*,
das spezifische
Anweisungen zum Durchführen von Audits im Rahmen des MDSAP-Programms enthält
inklusive einen Audit Ablauf sowie Anweisungen zum Prüfen jedes spezifischen
MDSAP-Prozesses.
Um mehr über die Auditoren bzw. Auditorinnen in Erfahrung zu bringen, kannst Du bspw. bei Google oder LinkedIn recherchieren: Hast Du gleiche Kontakte, dieselben Hobbys oder bei der gleichen Unternehmung gearbeitet? Je besser man sein Gegenüber kennt, desto leichter fällt die Kommunikation.
Regel 2
Wisse, wie Du Deinen Prozess präsentieren wirst – nutze Storytelling
Wenn Du nun Storytelling für die Audits nutzen möchtest, stellt sich zuerst einmal die Frage: Was versteht man unter Storytelling? Bei der Storytelling-Methode werden Informationen und Werte vermittelt, indem man die Fakten in eine Geschichte packt. Eine gut erzählte Geschichte wird die Aufmerksamkeit Deines Gegenübers – in diesem Fall die der Auditoren bzw. Auditorinnen – auf sich ziehen. Wenn Du der Erzähler bist, hältst Du automatisch auch das Zepter in der Hand, das heisst, Du lenkst das Gespräch.
In der Regel fragen Auditoren bzw. Auditorinnen mehre Abteilungen bzw. mehrere Prozesse ab. Sie wollen sich einen Überblick verschaffen und dann die Kompetenzen überprüfen.
Nun sind wir voll im Storytelling drin:
Zeige bei jedem einzelnen Auditschritt Deine Expertise, ohne aufzutrumpfen. Zeige, wo die Stärken sind. Erzähle hier und da von dem einen oder anderen Erfolg. Selbstverständlich hast Du Dir die Fakten schon im Vorfeld zurechtgelegt.
Präsentiere die nachgefragten Prozesse auf eine einfache und verständliche Art. Eine kurze PowerPoint-Präsentation oder Erläuterung an einem Flipchart und Demonstrationen vor Ort können hierbei helfen.
Anekdoten zu den nachgefragten Themen unterhalten und unterstreichen nochmals die Expertise.
Wenn die Fragen beantwortet sind, solltest Du nicht weiter ausholen. Gehe zügig voran – so wie Du es im Vorfeld geplant hast. So kannst Du nach jedem Auditschritt aktiv zum nächsten leiten und hast weiterhin das Zepter in der Hand.
Regel 3
Halte alle relevanten Nachweisdokumente und -daten bereit
Um aus Deinem Storytelling während des Audits eine runde Sache zu machen, solltest Du alle Unterlagen und Daten griffbereit haben. Auditoren bzw. Auditorinnen sind rasch verärgert, wenn man versucht, mit dem Suchen von Dokumenten oder Beispielen Zeit zu schinden. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass so die Auditzeit rascher vorbeigeht.
Tipp
Speichere alle
erforderlichen Daten in einen separaten Audit-Ordner und lege alle physischen Unterlagen
kopiert in einen oder mehrere Audit-Ringordner. Zu den Unterlagen gehören auch
die früheren Auditberichte – idealerweise von den letzten zwei Jahren. So musst
Du nicht lange suchen und kannst souverän die nachgefragten Dokumente
blitzschnell präsentieren. Ein zusätzlicher Vorteil: Du legst in die jeweiligen
Ordner nur die Dokumente, die in einem präsentablen Zustand sind.
Regel 4
Halte einige (sorgfältig) ausgewählte Unterlagen zur Präsentation bereit
Kennst Du das? Die Auditoren bzw. Auditorinnen picken immer die kompliziertesten Fälle heraus. Sie haben dabei ein «goldenes Händchen». Halte weiterhin das Zepter in der Hand und präsentiere ihnen das, was Du im Vorfeld vorbereitet hast: ausgewählte Beispiele, die Dir und Deinem Unternehmen in die Karten spielen. Du bestimmst auf die Weise, was gezeigt wird. Nicht immer, aber oftmals sind Dir die Auditoren dafür gar dankbar, insbesondere wenn sie ein wenig unter Zeitdruck sind.
Tipp
Zeige relevante Beispiele, die nicht offensichtlich herausgepickt sind. Das heisst, sie müssen nicht perfekt, aber passend und zeitlich sinnvoll sein. Prüfe die Beispiele vorab, ob sie vollständig und korrekt sind und ob die Schnittstellen zu den anderen Dokumenten und Daten stimmen.
Regel 5
Räume die zu auditierenden Bereiche vorher auf
Der erste Eindruck zählt! Aber gleich alle Büros neu streichen und alle Mitarbeitenden vorab zum Coiffeur schicken, ist wohl eher übertrieben. 😉 Dennoch schadet es nicht, auf die folgenden Punkte zu achten:
- Büros aufräumen, falls nötig
- Alle vertraulichen Unterlagen versorgen
- Vor dem Audit durch alle zu auditierenden Bereiche einen Rundgang machen
Tipp
Bereite einen Raum
für die Auditoren bzw. Auditorinnen vor inklusive Getränke und einer kleinen Verpflegung.
Du könntest beispielsweise ein Sitzungszimmer reservieren und das Zimmer für
sie herrichten mit aktuellen Unterlagen zum Unternehmen, einer Stromleiste für
die Laptops etc.
Regel 6
Informiere/schule die Mitarbeitenden, die auditiert werden
Nicht nur die Unterlagen und Büros sollten in Schuss sein, sondern auch Deine Crew. Informiere alle Mitarbeitenden frühzeitig über das bevorstehende Audit und instruiere die direkt involvierten Mitarbeitenden, was sie erwarten wird. Die Mitarbeitenden, die noch nie bei einem Audit dabei waren, sollten vorab geschult werden. Und wer ist alles involviert? Alle Mitarbeitenden, die:
- bei der Vorbereitung der Daten und Beispiele beteiligt waren (für Rückfragen).
- bei der Tour durch das Unternehmen besucht werden (für Demonstrationen und Befragungen).
- direkt auditiert werden.
Tipp
Kläre ab, wer an dem
entsprechenden Tag vor Ort sein wird und wer wie erreichbar sein sollte, falls
es bei Prozessen Rückfragen gibt. Und überlege Dir, wer sich am besten eignet,
um auditiert zu werden bzw. um zu präsentieren oder Abläufe zu erklären. Es
gibt in jedem Unternehmen Personen, die kommunikativer sind als andere.
Fazit
Auf den ersten Blick scheint der Vorbereitungsaufwand sehr gross, vielleicht sogar fast abschreckend. Aber wenn man bedenkt, dass aufgrund einer guten Vorbereitung die Mitarbeitenden sicherer agieren, die Auditoren bzw. Auditorinnen ihren Auftrag besser erledigen können und schlussendlich das Audit rund über die Bühne geht, spricht alles dafür! Versetze Dich in die Lage der Auditoren bzw. Auditorinnen – gegenseitiges Verständnis fördert eine gute Kommunikation und führt erfahrungsgemäss zu einem besseren Resultat. Jedes Audit dient der Verbesserung von Prozessen und dementsprechend auch Deinem Unternehmen.
Storytelling für Auditierte: Goldene Regeln der Vorbereitung von Audits und Inspektionen in der Medizintechnik
Video QQ-Impuls
Wir haben Dir den gesamten QQ-Impuls aufgezeichnet, so dass Du Dich auch im Nachhinein über dieses interessante Thema informieren kannst.
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Text: Anja Zell