Solche, einfachere und schwierigere Fragen haben wir uns letzten Montag bei der SAQ-QUALICON gestellt – und zum Teil beantwortet.
Aber der Reihe nach: Einmal pro Jahr laden wir unsere Dozentinnen und Dozenten, die als Freelancer für uns arbeiten, zu einem Schulungstag ein. Wir nutzen den Anlass, um miteinander und voneinander zu lernen, um Informationen auszutauschen und um uns besser kennenzulernen. Diese Woche war es wieder so weit.
Speed Dating – was ziehe ich an?
Am
Montagmorgen ging es bei uns zu wie im Bienenhaus, unser Team ist dann immer
etwas aufgeregt. Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die alle gewohnt sind, selbst
vorne zu stehen und Kurse zu leiten, sind eben ein anspruchsvolles
Workshop-Publikum… Einzelne Velofahrer*innen
aus unserem Team kamen schon nach ihrer Ankunft im Büro ins Schwitzen, weil sie
in der Aufregung das Wechseloutfit nicht ganz vollständig eingepackt hatten
oder sich sorgten, dass der Abdruck vom Velohelm an ihrer Stirn nicht
rechtzeitig bis zum Eintreffen unserer Dozierenden verschwinden könnte…
Für Sorgen um das Aussehen war dann aber keine Zeit, denn unser Team hatte alle Hände voll zu tun, um die gewöhnungsbedürftigen Ideen der Geschäftsführerin umzusetzen. Ganze 40 Meter haben wir vom Empfang über den Flur bis mitten in unser Büro, und dort sollte ein Speed Dating mit 8 Stationen stattfinden. Möbel aus der Cafeteria, von Arbeitsplätzen und aus Schulungsräumen wurden umhergeschleppt, Plakate an Wände und WC-Türen geklebt, Papierwolken an die Lampen aufgehängt, bis schliesslich unser Flur in eine Speed Dating-Zone umgewandelt war.
Wenn Sie mit einer Geschäftsleitung zu tun haben und merken, dass diese das Wort Managementsystem nicht kennt, halten Sie die Person dann für inkompetent?
Kaum
war alles erledigt, trafen die ersten Dozenten ein. Gewöhnlich beginnen wir
einen solchen Anlass dann mit Informations- und Lernsessions und das Lernziel
«Austausch und Vernetzung» erreichen wir beim Apéro. Diesmal haben wir das
umgedreht: Nach einer kurzen Instruktion starteten wir mit einem Speed Dating.
An acht Stationen tauschten wir uns zu Themen wie Freundschaft, Heimat, Liebe
und Beziehung, Qualitätsmanagement, KI, Eigentum und Geld und Arbeit aus. An
jeder Station gab es Fragen, die den Austausch in Gang brachten:
- «Lieben Sie jemanden? Und woraus schliessen Sie das?»
- «Wie erklären Sie einer 90jährigen Person, die nie am PC gearbeitet hat, was ChatGPT ist?»
- «Wann macht Sie die Ehe/Partnerschaft eher nervös: a. im Alltag? b. auf Reisen? c. wenn Sie allein sind? d. in Gesellschaft mit vielen? e. unter vier Augen? f. abends? g. morgens?»
- «Wenn Sie sich in der Fremde aufhalten und Landsleute treffen: Befällt Sie dann Heimweh oder dann gerade nicht?»
- «Halten Sie sich für einen guten Freund, eine gute Freundin?»
- «Warum schenken Sie gerne?»
- «Warum arbeiten Sie immer noch für die SAQ-QUALICON?»
- «Wenn Sie mit einer Geschäftsleitung zu tun haben und merken, dass diese Person das Wort Managementsystem nicht kennt, halten Sie die Person dann für inkompetent? Warum (nicht)?»
«Tun Ihnen Frauen leid?»
Einige Fragen waren recht philosophisch, einige ungewöhnlich, einige sehr persönlich, andere wieder tiefschürfend. Irritierend mag auch die «Sie-Form» sein, nachdem wir bei uns in der SAQ-QUALICON und in unseren Kursen grundsätzlich per Du sind. Das hatte mit dem Fragelieferanten zu tun: Die meisten Fragen waren den Fragebögen von Max Frisch entnommen, der die Fragen zwischen 1966 und 1971 in sein Tagebuch schrieb und damit zur Reflexion über die wichtigen Themen des Lebens anregen wollte. Ein paar Anpassungen mussten wir vornehmen: Der Schriftsteller hatte die überlebenswichtigen Themen Arbeit, Künstliche Intelligenz und Qualitätsmanagement offensichtlich vergessen oder ignoriert. Und mit einigen Fragen von ihm könnte man sich heute dezenten Ärger einhandeln, zum Beispiel wenn man jemanden fragen würde, ob ihm Frauen leid tun. Viele Fragen von Max Frisch sind aber nach wie vor aktuell und es tut in unserer schnelllebigen Zeit gut, sich darüber zu unterhalten. Es war eindrücklich, wieviele richtig gute Gespräche im Speed Dating mithilfe der Fragen entstanden, wie lebendig unser Flur wurde und wie gut wir in kurzer Zeit unser Netzwerk erweitern konnten.
Wein ist nicht fein!???
Und dann machten wir uns ans Lernen. Daniel Cortellini von Cortis Schweizer Weine begann mit einer schockierenden Feststellung: Wein ist nicht fein! Irgendwer hat vor 3000 Jahren mal einen Fellsack mit Traubensaft in der Sonne stehen lassen und dann auch noch den Mut gehabt, das vergorene Gesöff zu trinken. Der erste Schluck muss furchtbar gewesen sein, den zweiten Schluck trieb der Durst durch die Kehle, und nach weiteren Schlucken fühlte der Mensch sich vermutlich "nice gechillt". Was dann weiter geschah nach diesem Pilotversuch, liess Daniel diskret aus, aber klar ist: diesen Zustand wollte der Mensch wieder. Und seit 3000 Jahren tut die Menschheit alles dafür, dass der vergorene Traubensaft fein für den Gaumen wird und kultiviert den Genuss des Weintrinkens. Um uns diesen Genuss ein bisschen mehr zu erschliessen, führte Corti uns in die Kunst des Degustierens ein, das heisst, als erstes führte er unsere Augen ganz schön hinters Licht, als wir einen Wein in schwarzen Gläsern probieren mussten und herausfinden sollten, ob es sich um Weiss- oder Rotwein handelt. Bilanz: Die Hälfte der Anwesenden tippte auf Rotwein, die andere Hälfte auf Weisswein. Dann waren unsere Nasen dran. Mit 3 Weissweinen und 3 Rotweinen strampelten wir wie die Hamster im Aromarad: fruchtig… blumig …. oder doch fruchtig?... eher Rose?... Nein, Litschi! … erdig, holzig … Röstaromen… Richtig einigen konnten wir uns nicht, aber das macht nichts, es ist beim Degustieren eben wie im richtigen QM-Leben: Es gibt kein absolutes Richtig und Falsch, es kommt auf den Kontext an. Und Gerüche und Geschmäcker nimmt jeder Mensch unterschiedlich wahr, genauso wie jedes Unternehmen Qualität auf seine eigene Art umsetzt.
Fazit des Dozierendentages: Wir haben viele gute Gespräche geführt, wir haben gelernt, wie leicht sich unsere Augen täuschen lassen, wie wenig unsere Nasen trainiert sind, wie einfach wir das verbessern können und welche Geschmackswelten sich am Gaumen auftun, wenn man einen Schluck Wein mindestens 5 Sekunden lang im Mund behält, bevor man schluckt oder ausspuckt.
Hier geht es zur Fotogalerie unseres Dozierendentages.