26.05.2024

Qualität im hochregulierten Umfeld: Ein Blick hinter die Kulissen der Blutspende


Nachlese QQ-Impuls

QQ-Impuls Qualität in der Blutspende

Wie kann man auch im hoch re­gu­lier­ten Um­feld Qua­li­täts­ma­nage­ment wei­ter­ent­wickeln?


Die Stif­tung Blut­spen­de SRK Aar­gau-So­lo­thurn hat den Auf­trag, si­che­re und qua­li­ta­tiv ein­wand­freie Blut­pro­duk­te für die Ver­sor­gung von Pa­ti­en­ten in den Kan­to­nen Aar­gau und So­lo­thurn be­reit­zu­stel­len. Das im­mun­hä­ma­to­lo­gi­sche La­bor ist ver­ant­wort­lich für die Pa­ti­en­ten­dia­gno­stik am Kan­tons­spi­tal Aarau und ist zu­dem das Re­fe­renz­la­bor in der Re­gi­on. Dar­über hin­aus wer­den durch die Stif­tung spe­zi­fi­sche the­ra­peu­ti­sche Dienst­lei­stun­gen er­bracht.


Raoul Brem ist als Lei­ter Qua­li­täts­si­che­rung ver­ant­wort­lich für die Um­set­zung der Qua­li­täts­stra­te­gie und die Si­cher­stel­lung der Com­pli­an­ce. Er zeig­te uns, wie man auch im stark re­gu­lier­ten Um­feld neue An­sät­ze ein­brin­gen kann, um den QM-Be­reich zu­kunfts­fä­hig und dy­na­misch zu ent­wickeln.

Zahlen, Daten und Fakten zur Stiftung Blutspende SRK Aarau-Solothurn

Die Stif­tung Blut­spen­de SRK ist ei­ne Non Pro­fit-Or­ga­ni­sa­ti­on und Teil des Ro­ten Kreu­zes. Sie hat die Ho­heit im Be­reich Blut­spen­de im Ge­biet Aarau und So­lo­thurn, die Kli­ni­ken und Ärz­te der Re­gi­on sind ver­pflich­tet bei der Stif­tung Blut­spen­de SRK Blut­pro­duk­te zu be­zie­hen. Da­durch be­steht ei­ne en­ge Ko­ope­ra­ti­on mit den Kli­ni­ken und Spi­tä­lern. Die Tä­tig­kei­ten der Stif­tung Blut­spen­de SRK wer­den di­rekt von der Swiss­me­dic über­prüft und be­wil­ligt. Blut­pro­duk­te wer­den als Arz­nei­mit­tel ein­ge­stuft.

Was sind die Erwartungen an Blutprodukte?

Ca 80% der Be­völ­ke­rung sind frü­her oder spä­ter auf ein Blut­pro­dukt an­ge­wie­sen.

Die Er­war­tun­gen an ein Blut­pro­dukt um­fas­sen im We­sent­li­chen die­se drei As­pek­te:
  1. Si­cher­heit
  2. Ver­füg­bar­keit
  3. Wir­kung

Ge­setz­li­che Grund­la­ge in der Schweiz

Die Stif­tung Blut­spen­de SRK muss sich an das Heil­mit­tel­ge­setz hal­ten. Dort wird auf die an­er­kann­ten Re­geln der Gu­ten Her­stel­lungs­pra­xis (GMP) ver­wie­sen.

Re­gu­la­to­ri­sche An­for­de­run­gen

Die Stif­tung Blut­spen­de SRK hält sich an das 540-seit­ge Re­gel­werk «Gui­de to the pre­pa­ra­ti­on, use and qua­li­ty as­suran­ce of blood com­po­n­ents». Das Re­gel­werk dient als Ar­beits­grund­la­ge für al­le Blut­spen­de­dien­ste. Dar­aus lei­ten die Dien­ste ih­re Vor­ga­ben ab. Es exi­stiert noch ei­ne na­tio­na­le Vor­ga­ben­struk­tur, wel­che aus dem Re­gel­werk ab­ge­lei­tet und von ei­ner na­tio­na­len Ar­beits­grup­pe er­gänzt wird. Die na­tio­na­le Vor­ga­ben­struk­tur ist re­le­vant für die In­spek­ti­on von Swiss­me­dic. Es gibt auch Vor­ga­ben sei­tens BAG oder Swiss­me­dic, die in die na­tio­na­len Vor­ga­ben ein­ge­ar­bei­tet wer­den müs­sen.

Neues Qualitätsmanagementsystem (QMS) – Was wurde verbessert?

Der Aus­gangs­punkt war ein klas­si­sches Or­ga­ni­gramm und das oft­mals da­mit ver­bun­de­ne «Gärt­li-Den­ken». Die­ses Denk­mu­ster war über Jah­re in den Köp­fen des Teams der Stif­tung Blut­spen­de ver­an­kert.

Raoul woll­te weg von den star­ren Struk­tu­ren und kla­ren Gren­zen des Or­ga­ni­gramms hin zu be­reichs­über­grei­fen­der Zu­sam­men­ar­beit und Pro­zess­den­ken. Es wur­de ei­ne Pro­zess­land­kar­te er­ar­bei­tet, die dann die Grund­la­ge war, um das gan­ze QMS neu auf­zu­set­zen so­wie al­le Pro­zes­se zu über­den­ken.

Es wur­den drei Haupt­pro­zes­se de­fi­niert:
  1. Blut­spen­de
  2. Me­di­zi­ni­sche Lei­stun­gen
  3. Im­mun­hä­ma­to­lo­gi­sches La­bor


Die Pro­zess­land­kar­te hat den Vor­teil, dass man mit Quer­schnitts­funk­tio­nen ar­bei­ten kann. Als sol­che wur­den fol­gen­de Funk­tio­nen de­fi­niert:


  • Qua­li­täts­si­che­rung und Vi­gi­lanz
  • Da­ten­be­wirt­schaf­tung
  • Sy­stem­un­ter­stüt­zung
  • Res­sour­cen­be­wirt­schaf­tung

Wei­te­re Be­ne­fits der Pro­zess­land­kar­te

Im Be­reich Do­ku­men­ten­len­kung:


  • Ho­her Grad an Stan­dar­di­sie­rung
  • Da­durch, dass Pro­zes­se ein­heit­lich be­schrie­ben wur­den, konn­ten Do­ku­men­te zu­sam­men­ge­führt wer­den
  • Re­duk­ti­on der 700 Do­ku­men­te auf 500, folg­lich müs­sen we­ni­ger Do­ku­men­te ge­pflegt wer­den
  • Schnel­le­re Do­ku­men­ten­be­ar­bei­tung durch kla­re Zu­stän­dig­kei­ten
  • Re­duk­ti­on der Kom­ple­xi­tät durch ein­fa­che und kla­re Spra­che

Schnitt­stel­len:


  • Auch die Schnitt­stel­len konn­ten in der Pro­zess­land­kar­te auf­ge­zeigt wer­den. Wenn sich al­le Be­tei­lig­ten mit den Schnitt­stel­len aus­ein­an­der­set­zen, ler­nen sie, wie der Pro­zess ab­läuft und wo die Schwie­rig­kei­ten sind. Dies ist auch sehr wert­voll für in­ter­ne Au­di­to­ren, um Op­ti­mie­rungs­be­darf zu iden­ti­fi­zie­ren.

Qua­li­täts­ver­ständ­nis bei den Mit­ar­bei­ten­den för­dern

Bei der Stif­tung Blut­spen­de SRK hat das Qua­li­täts­ver­ständ­nis der Mit­ar­bei­ten­den ei­nen ho­hen Stel­len­wert. Die Mit­ar­bei­ten­den sol­len ver­ste­hen, war­um sie et­was ma­chen, was sie dür­fen und was nicht. Dies er­reicht man un­ter an­de­rem mit klar for­mu­lier­ten Stel­len­be­schrie­ben, an de­nen man sich ori­en­tie­ren kann. Da­mit lässt sich, als zu­sätz­li­cher Vor­teil, ge­ziel­ter und schnel­ler Per­so­nal re­kru­tie­ren, da die Aus­schrei­bun­gen aus den be­reits vor­han­de­nen Stel­len­be­schrie­ben ab­ge­lei­tet wer­den kön­nen.

Nebst den Stel­len­be­schrie­ben wird auf kon­se­quen­te Ein­ar­bei­tung gros­sen Wert ge­legt. Ein neu­es Team­mit­glied muss al­le Pro­zes­se le­sen, un­ter Auf­sicht aus­pro­bie­ren und er­hält erst dann die Frei­ga­be für den Pro­zess, um die­sen selbst durch­zu­füh­ren. Der Ein­ar­bei­tungs-Auf­wand ist gross, för­dert aber das Qua­li­täts­ver­ständ­nis und die Si­cher­heit der Mit­ar­bei­ten­den. Sie ler­nen, dass das Sy­stem ge­lebt wer­den muss, um zu funk­tio­nie­ren.

Dar­auf auf­bau­end gibt es bei der Stif­tung Blut­spen­de SRK ein struk­tu­rier­tes Wei­ter­bil­dungs­pro­gramm. Von IT-Se­cu­ri­ty bis zu Gen­der­fra­gen wer­den die Mit­ar­bei­ten­den re­gel­mäs­sig ge­schult.

In­ter­ne Au­dits – Was wur­de ver­bes­sert?

Das war die Aus­gangs­la­ge:


  • Pro­zess be­schrie­ben – nicht ge­lebt
  • Nur 25% der ge­plan­ten Au­dits wur­den durch­ge­führt
  • Out­put – nicht er­kenn­bar
  • (be­rech­tig­te) Ma­jor Non-Con­for­mi­ty durch Kun­den und Be­hör­den

Als er­ste Hil­fe-Mass­nah­me wur­de ein ex­ter­ner Dienst­lei­ster en­ga­giert, der Au­dits nach­ge­holt hat, um die Non-Con­for­mi­ty zu be­he­ben. Au­dits wur­den von nun an kon­se­quent ge­plant und durch­ge­führt. Die Vor­ga­ben­do­ku­men­te, Au­dit­pla­nung und Be­richt­erstat­tung wur­den ver­schlankt und ver­ein­facht. Die Au­dits selbst wur­den leb­ba­rer ge­macht, in­dem man von bei­spiels­wei­se drei Stun­den Au­dit auf ei­ne Stun­de re­du­ziert hat. Zu­sätz­lich wur­de das in­ter­ne Au­dit­team von ei­ner auf drei Per­so­nen auf­ge­stockt.

Stand­ort­über­grei­fen­de QM-Au­dits

Al­le elf Blut­spen­de­dien­ste der Schweiz müs­sen Au­dits nach glei­chen Ge­set­zen und Vor­ga­ben durch­füh­ren. Was liegt da nä­her, als ge­ra­de die QM-Pro­zes­se vom QM ei­nes an­de­ren Stand­orts au­di­tie­ren zu las­sen? Raoul hat mit den QM-Ver­ant­wort­li­chen aus Lu­zern und Grau­bün­den ein ge­gen­sei­ti­ges Au­di­tie­ren in­iti­iert. Sie au­di­tie­ren sich ein­mal jähr­lich im Ro­ta­ti­ons­prin­zip. Da­durch kön­nen die Qua­li­täts­be­auf­tra­gen von­ein­an­der ler­nen und die ei­ge­nen Pro­zes­se ver­bes­sern.

Risikobasierter Ansatz bei Audits

Auch die Au­dit­pla­nung soll auf Ebe­ne der Pro­zess­land­kar­te er­fol­gen. An­statt Ab­tei­lun­gen sol­len Pro­zes­se au­di­tiert wer­den – vor al­lem kri­ti­sche Pro­zes­se, wie z.B die Blut­ent­nah­me. So kann die «Über­au­di­tie­rung» von sehr ein­fa­chen Pro­zes­sen, die gut funk­tio­nie­ren, ver­hin­dert wer­den und man fo­kus­siert sich auf das, was si­cher­heits­re­le­vant ist.

Lie­fe­ran­ten­au­dit – Syn­er­gi­en nut­zen

Um Syn­er­gi­en in der DACH-Re­gi­on zu nut­zen, wur­de ein Soft­ware-Lie­fe­rant von QM-Ver­ant­wort­li­chen des Deut­schen, Öster­rei­chi­schen und Schwei­zer Ro­ten Kreu­zes ge­mein­sam au­di­tiert. Dies hat den Vor­teil, dass auch für den Lie­fe­ran­ten nur ein Au­dit an­fällt. Der Auf­wand wur­de für al­le Be­tei­lig­ten stark re­du­ziert und die ein­zel­nen Au­di­to­ren konn­ten sich auf ih­re je­wei­li­gen The­men und Fra­ge­stel­lun­gen fo­kus­sie­ren. Die­ses Vor­ge­hen war sehr ge­winn­brin­gend für al­le Par­tei­en und soll so wei­ter­ge­führt wer­den.

Vom Papier zur Datenverwaltung

Raoul führ­te ein di­gi­ta­les QMS ein. Das Ziel war, al­le Da­ten di­gi­tal ver­füg­bar zu ma­chen um schnell, orts­un­ab­hän­gig dar­auf zu­grei­fen zu kön­nen. Die Über­sicht über die Do­ku­men­te und de­ren Sta­tus wur­de ver­bes­sert und trä­ge Pro­zes­se wur­den schnel­ler und ef­fi­zi­en­ter.

Pro­zes­se di­gi­ta­li­sie­ren

Pro­zes­se kön­nen di­gi­tal auf­ge­zeich­net, ein­fach dar­ge­stellt und auch pro­gram­miert wer­den, da­mit dann, z.B. für ein Än­de­rungs­an­trag, ein di­gi­ta­les For­mu­lar zur Ver­fü­gung steht. Die di­gi­ta­le Be­ar­bei­tung ist viel schnel­ler und macht das Le­ben ein­fa­cher. Auch die An­sprü­che an ein QMS ha­ben sich ver­än­dert, die Mit­ar­bei­ten­den wol­len von zu­hau­se aus Zu­griff ha­ben und die Do­ku­men­te di­gi­tal be­ar­bei­ten und un­ter­schrei­ben kön­nen.

Aus­blick

Was sind Raouls wich­ti­ge The­men in der Zu­kunft?

Di­gi­ta­li­sie­rung:


  • «Ge­sun­den» Um­gang mit Künst­li­cher In­tel­li­genz (KI) fin­den
  • Di­gi­ta­les Den­ken för­dern und Mit­ar­bei­ten­de mit­ein­be­zie­hen

QM-Sy­stem ver­ein­fa­chen:


  • In ein­fa­cher Spra­che schrei­ben, kurz und prä­gnant for­mu­lie­ren
  • Mehr Bil­der, Ani­ma­tio­nen und Vi­de­os ein­set­zen
  • Ri­si­ko­ba­siert den­ken und die­se Ge­dan­ken do­ku­men­tie­ren

Nach­hal­tig­keit:


  • Ge­sell­schaft­li­cher Wan­del, der auch die Nor­men be­trifft, und zwar nicht nur die Um­welt-Norm

Wenn Du die Power­Point-Prä­sen­ta­ti­on down­loa­den möch­test, dann klicke hier auf die­sen Link. Wei­te­re QQ-Im­pul­se fin­dest Du je­weils auf un­se­rer Web­sei­te bei den Events.


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