Schon länger treibt uns die Frage um: Braucht es in Zukunft noch Qualitätsmanager*innen (QMs)? Dabei denken wir nicht an nächstes oder übernächstes Jahr, sondern eher an 2035, 2040. Wieviel der Tätigkeiten rund um Qualität wird von Robotern oder künstlicher Intelligenz übernommen? Was ist automatisierbar? Nicht ganz angenehme Fragen, die uns da beschäftigen, denn wer denkt sich schon gerne in Szenarien hinein, in denen er oder sie überflüssig wird?
Als QM würde mir die Aussicht auf Ersetzbarkeit ein flaues Gefühl im Magen verursachen. Für ein Schulungsunternehmen, welches QMs ausbildet, ist es auch keine schöne Vorstellung, dass unsere Teilnehmenden im Digitalisierungs- und Automatisierungsflow untergehen und sich in der binären Welt irgendwo zwischen 0 und 1 verflüchtigen. Was können wir da tun? Verdrängen und weitermachen wäre eine Möglichkeit, die kurzfristig hilft. Ist aber keine nachhaltige Lösung und da Nachhaltigkeit nicht nur im Trend, sondern generell eine gute Sache ist, wählen wir den anderen Weg: Mutig der Zukunft ins Auge sehen, Einflussmöglichkeiten erkennen und frühzeitig mitgestalten. Für uns und für alle QMs, die gerne ohne nervösen Magen in die Zukunft gehen wollen.
Unsere Hypothese lautet: Es liegt in der Hand der QMs, wie sie ihre zukünftige Rolle gestalten, welchen neuen Themen sie sich annehmen und ob sie weiterhin eine Daseinsberechtigung in Organisationen finden.
Um diese Hypothese zu prüfen, hatten wir bereits vor einigen Wochen einen QM mit viel Erfahrung und mit viel Interesse an der Weiterentwicklung seiner Rolle befragt. Rafael Arn, Qualitätsmanager bei der Post, hatte uns im Januar in einem Interview erzählt, wie er seine Rolle in der Gegenwart gestaltet und welche Erfolgsfaktoren QMs heute brauchen. Im Gespräch hat er auch einen Ausblick in die Zukunft gewagt. Er verwies auf ziemlich eindrückliche Zahlen: «Erst kürzlich wurde ich drauf aufmerksam gemacht, dass der Beruf Qualitätsmanager*in zu 60% automatisierbar ist (Quelle: Job-Futuromat (iab.de).» Was genau könnte das heissen? Rafael meint, dass vor allem der Anteil an Verwaltungs- und Administrationsaufgaben abnehmen könnte. Ihn selbst freut diese Entwicklung, bietet sie doch die Möglichkeit, die frei werdende Zeit in konzeptionelle Arbeit zu investieren.
Gleichzeitig bedeutet das natürlich auch Eigeninitiative auf Seiten der QMs: Wo will ich mich mehr einbringen? Was braucht die Organisation? Welche Themen kann ich übernehmen? Vernetzung nach innen und aussen sind hier wichtige Schlüsselfaktoren, um die eigene Rolle gewinnbringend zu entwickeln.
Ein Thema, welches das QM-Dasein durchaus bereichern könnte, ist Nachhaltigkeit. Damit ist sind nicht nur «grüne» Themen gemeint, sondern Nachhaltigkeit als ganzheitliches Konzept, welches ökologische, ökonomische und soziale Themen einschliesst. Rafael meint, dass in Zukunft alle Qualitätsmanager*innen mit Nachhaltigkeitsthemen zu tun haben werden. Sein aktuelles Team bei der Post nennt sich bereits «Qualitätsmanagement und Nachhaltigkeit». In diesem Team sind sechs von 19 Fachspezialist*innen mehrheitlich mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigt.
Auch die Neugestaltung von Teams und Organisationen ist ein breites Betätigungsfeld für QMs. Rafael arbeitet in einer Organisationseinheit, in der seit etwa einem Jahr Soziokratie (eine Organisationsform, in der Selbstorganisation im Fokus ist und die Hierarchie an Bedeutung verliert) gelebt wird. Eine spannende Entwicklung, die auch in vielen anderen kleinen und grossen Unternehmungen diskutiert und ausprobiert wird. Auf der Reise Richtung Selbstverantwortung gibt es viel zu lernen: Zusammenarbeit und Abläufe müssen anders strukturiert werden, es benötigt Leute im Team, die methodisch, kommunikativ und zwischenmenschlich fit sind. Die Implementierung solcher Organisationsformen ist aus Rafaels Erfahrung herausfordernd und braucht Zeit und neue Fähigkeiten. Auch das sind Betätigungsfelder für QMs, die sowohl ihre Tätigkeit als auch ihre persönliche Entwicklung voranbringen möchten.
Ein mögliches Zukunftsszenario für Qualitätsmanager*innen
Rafael geht davon aus, dass die Rolle der QMs stark von den
Themen Nachhaltigkeit, Kundenzentrierung, Prozessdigitalisierung und -automatisierung sowie dem Umgang
mit Daten beeinflusst sein wird. Die Themenvielfalt wird aus seiner Sicht noch
breiter sein als sie es heute ist. Er selbst freut sich sehr darauf, diese
Rolle aktiv mitzugestalten. Und wir ergänzen: Auch neue Organisationsformen
bieten QMs neue Gestaltungsoptionen, in denen sie als Experten für Teamqualität,
Zusammenarbeit und Moderation von Veränderungen glänzen können.
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