Der «gut genug» Ansatz zur Erfüllung der ISO 14001 genügt nicht mehr. Nachhaltiges Wirtschaften braucht ein neues Verständnis in der Nutzung eines Umweltmanagementsystems
Es gibt in der Schweiz über 6’000 Firmenstandorte, die ISO 14001 zertifiziert sind (gemäss ISO Survey, 2021). Nehmen wir mal naiv an, dass alle Unternehmen auch die Absicht haben, die Vorgaben des Standards – nennen wir ihn jetzt Umweltmanagementsystem 1.0 oder kurz: UMS 1.0 – zu erfüllen. Genügt dieser Ansatz in der aktuellen Zeit?
Eine wichtige Einschränkung im bisherigen Denkmuster ist die Fokussierung auf den betrieblichen Umweltschutz. Im UMS 1.0 ist in der Regel folgender Ansatz zu beobachten: Was wir nicht direkt beeinflussen können, betrachten wir als wenig relevant und beschäftigen uns darum nicht damit.
Diese Haltung funktioniert nicht mehr. Warum? Verschiedene Anspruchsgruppen, allen voran Kundinnen und Kunden, haben klare Erwartungen an unser Verhalten in der ganzen Lieferkette. Die Dynamik bei Kunden, Investoren und selbst bei den Gesetzgebern ist enorm hoch, richtige Dominoeffekte spielen sich da ab.
Die Veränderungen unseres Klimas und Naturereignisse aus der jüngsten Vergangenheit machen die Dringlichkeit bewusst: Individuen, Organisationen, Staaten und Gesellschaften müssen handeln und neue Haltungen entwickeln. Unzählige Initiativen unterschiedlichen Akteure werden dafür gestartet. Ein sehr starker Treiber ist z.B. die Sciene Based Target Initiative. Sie wirkt als erster Dominostein und bringt eine Entwicklung ins Rollen: Die Zahl der Firmen, die daran teilnehmen, scheint exponentiell zu steigen. Jede teilnehmende Unternehmung verpflichtet sich, die CO2-Emissionen in der eigenen Organisation als auch in der Lieferkette zu reduzieren. Das Domino läuft weiter: Kaum ein Lieferant bleibt von solchen Forderungen unberührt.
Neben dem erweiterten Fokus auf die ganze Wertschöpfungskette ist es sinnvoll, eine ganzheitliche Sicht einzunehmen. Die Trennung der Themen Qualität, Umwelt, Arbeitssicherheit, Gesundheit und Menschenrechte ist nicht mehr zeitgemäss. Um die komplexen Fragestellungen unserer Zeit zu lösen, müssen wir unterschiedliches Expertenwissen zusammenbringen. Kooperation, Interdisziplinarität, Transparenz und Kreativität werden zu den Erfolgsfaktoren im nachhaltigen Wirtschaften.
Die wichtigsten Anforderungen an ein wirksames Umweltmanagementsystem 2.0 und die Unterschiede zum UMS 1.0 sind in der Tabelle zusammengestellt.
Ein aktives und wirksames Umweltmanagementsystem ist eine ausgezeichnete Basis, um die Chancen des nachhaltigen Wirtschaftens zu nutzen. Die bestehenden Strukturen, Regelkreise und Vorarbeiten sind wertvoll und weiterhin nutzbar. Zusätzlich braucht es jetzt primär neue Haltungen und Fähigkeiten im Unternehmen, um das Potential des UMS 2.0 zu nutzen.