Als erster Sneaker-Brand und Schweizer Start-up verschreibt sich VYN der Langlebigkeit, Wertschätzung und einer neuen Qualitätswirtschaft. Die Gründerin, Catherine Meuter, zeigte im QQ-Impuls die Herausforderungen und Chancen auf, die diese Werte mit sich bringen: von der Entwicklung, Produktion bis zur Vermarktung und Kommunikation beim Kunden.
Catherine gab uns einen Einblick in ihr Start-up VYN, das den ersten erneuerbaren, personalisierbaren Sneaker herstellt. Entwickelt in der Schweiz, produziert in Norditalien. Catherine stieg nach ihrem Industriedesign-Studium direkt ins Schuhdesign-Business ein: Sie war von klein auf ein «Shoe-Girl». Sie konnte viel Erfahrung in der Schuhindustrie sammeln, war bei namhaften Designern angestellt und als Produktions-Scout viel in Asien unterwegs. Vor fünf Jahren kam sie – ziemlich gefrustet von ihrer Tätigkeit in der Schuhindustrie – in die Schweiz zurück. Als Hauptproblem nannte sie die Massenproduktion. Vier Mal im Jahr kommt eine neue Kollektion auf den Markt. «Braucht das die Welt? Für wen machen wir das?», fragte sie sich. Der Kontakt zu den Kunden fehlte ihr in dieser Zeit komplett. Über ihren Frust tauschte sie sich mit ihrem ehemaligen Kommilitonen und zukünftigen Geschäftspartner, Stefan Mathys, bei einem Bier aus und die Vision, Schuhe anders zu machen, war geboren.
Problemstellung
Nach ihrer Zeit in der Industrie durchlebte Catherine eine Sinnkrise. Sie analysierte die globalen Zahlen und war schockiert: 24.2 Milliarden Schuhe – das sind 46'000 Paar Schuhe pro Minute! - werden pro Jahr produziert. Nonstop wird überproduziert und 90% der Schuhe landen nach ca. 1 Jahr auf dem Müll. Material und Verarbeitung der meisten Sneakers sind nicht auf Langlebigkeit ausgerichtet. Sneakers können nicht auseinandergenommen werden und sind deshalb nur schwer recycelbar, da sie aus zu vielen verschiedenen Komponenten bestehen.
Produkt und System
Catherine nahm endlich den langersehnten Kundenkontakt auf. Sie besuchte Freunde und Bekannte, schaute sich deren Schuhschrank an und befragte sie nach ihren Bedürfnissen in punkto Schuhen. Sie freute sich, endlich Zeit für eine ausgiebige Recherche zu haben.
Daraus resultierte die Idee, die heikelsten Teile am Schuh – die Schwachstellen – so herzustellen, dass sie vom Kunden selbst ersetzt werden können. Dieses Konzept entwickelte sie zwei Jahre lang zusammen mit ihrem Geschäftspartner. Die Teile können nun beim VYN-Sneaker in der gewünschten Farbe ersetzt werden. Nachhaltigkeit kann durchaus auch Freude machen. «Sustainable joy» nennt Catherine das.
Die 3 VYN-Säulen
Kreation
Der Sneaker hat eine komplizierte Wertschöpfungskette. Die Suche nach Partnern, die nachhaltig zertifiziert sind, ist nicht einfach. Durch das Netzwerk, das sich Catherine in ihrer beruflichen Laufbahn aufgebaut hat, gelang es ihr schliesslich, geeignete Partner für eine nachhaltige Produktion des Sneakers zu finden.
Kunde
Die Ersatzteile des Sneakers können direkt vom Kunden bezogen werden. Das Konzept nennt sich «Wear-Care-Repair». Die Kunden erhalten Support und Service, aber auch Verantwortung. Diese nachhaltige Idee funktioniert nur im Zusammenspiel mit VYN und dem Kunden.
Lebensende – Zirkularität und Demontage
VYN hat einen Partner gefunden, der die Sneaker zurücknimmt. Aktuell wird noch analysiert, inwiefern die Sneakers auseinandergenommen und geschreddert werden können, um nachher recycelt zu werden. Dieser Prozess ist sehr komplex und erfordert eine Mindestmenge an zurückgegebenen Sneakern. Deshalb braucht dieser Teil von VYN noch zwei bis drei Jahre Zeit, bis mit den Erfahrungswerten optimale Ergebnisse erzielt werden können.
Prozess
Die Recherche war eine schöne Phase mit vielen Emotionen, denn Schuhe tragen die Kunden wortwörtlich durchs Leben; Menschen können eine starke Bindung zu ihren Schuhen aufbauen. Alle Erkenntnisse aus der Recherche flossen in die Entwicklung des ersten Prototypen, der mithilfe von 3D-Prints oder auch einfach mittels Karton-Modellen entwickelt wurde, ein. Der Partner in der Toskana war anfangs kritisch und musste, wie so oft bei Innovationen, erst überzeugt werden.
Die ersten Prototypen wurden dann in drei unterschiedlich warmen beziehungsweise kalten Regionen probegetragen. Für ein grosses Testlabor war VYN zu klein, deshalb wurde auch selbst getestet.
Nachhaltig zu produzieren braucht mehr Zeit. Es benötigt Partner, die das verstehen und sich diese Zeit auch selbst geben.
Es kamen die ersten Modelle für Männer auf den Markt. Gleichzeitig kam leider auch Corona. Das bedeutete für Catherine, dass ihre Wohnung zu ihrem Showroom wurde und ihr Geschäftspartner in London im Lockdown festsass. Durch private Events schaffte sie es, die ersten 200 Schuhe zu verkaufen und damit die teuren Herstellungswerkzeuge zu amortisieren.
VYN produziert agil: Das heisst, das Start-up reagiert auf Nachfrage und produziert auf Bestellung. Das bedeutet aber auch wiederum, dass Kunden zwei bis vier Monate auf ihre neuen Sneaker warten müssen. Dieser Zeitfaktor darf zugemutet werden und stellt bei wachsendem Bewusstsein für die Umweltbelastung, die aus unserem Konsumverhalten resultiert, auch kein Problem mehr dar. Der Respekt und die Wertschätzung für die Qualität sind erfreulicherweise vorhanden. Man wartet gerne auf ein qualitativ hochwertiges Produkt, das nachhaltig produziert wurde und einem aufgrund der Langlebigkeit lange Freude bereitet. Und man erlebt das wieder, was man vielleicht allenfalls noch aus den Kindertagen in der Vorweihnachtszeit kennt: Vorfreude.
Konsum, Ethos
Auch die Kunden müssen Verantwortung übernehmen, ganz im Sinne des Nachhaltigkeits-Ziels Nr. 12 der Vereinten Nationen «Responsible consumption and production – Verantwortungsvoller Konsum und Produktion», das auf das Zusammenspiel von Konsumation und Produktion abzielt.
Als Produzent versucht VYN nicht nur auf Stückzahlen, sondern auf Dienstleistungen und Services zu setzen.
Langlebigkeit als USP
Das Verständnis für die Besonderheit der VYN Sneakers und deren Lebenszyklus muss dem Kunden mit «Storytelling» nähergebracht werden. Mit LinkedIn nutzt VYN einen wertvollen Kanal, um mit den Kunden zu interagieren und inhaltlich auch in die Tiefe zu gehen.
Mit Podcasts und Paneldiskussionen investiert VYN viel in die Kommunikation, um Fragen zu beantworten, die in der Schweiz zum Thema «Slow-Fashion» noch häufiger aufkommen als beispielsweise in London, der Geburtsstadt dieser Idee.
Fazit
Haben wir Dich neugierig gemacht? Möchtest Du noch mehr wissen oder gar Profi im Umwelts- und Nachhaltigkeitsmanagement werden? Nachfolgend haben wir zwei ausgesuchte Weiterbildungen und einen Newsbericht zum Thema für Dich.