20.10.2024

KI für mehr Effizienz im Unternehmen nutzen: Welche regulatorischen Vorgaben gibt es?

Un­ter­neh­men, die künst­li­che In­tel­li­genz (KI) nut­zen oder ent­wickeln, ste­hen vor neu­en re­gu­la­to­ri­schen Her­aus­for­de­run­gen. Zum ei­nen auf­grund der Ein­füh­rung des to­tal­r­e­vi­dier­ten Schwei­zer Da­ten­schutz­ge­set­zes (DSG), zum an­de­ren hat das Eu­ro­päi­sche Par­la­ment am 13. März 2024 den EU Ar­ti­fi­ci­al In­tel­li­gence Act (AI-Act) ge­neh­migt. Die­se Ge­setz­ge­bun­gen ver­fol­gen un­ter­schied­li­che An­sät­ze zur Re­gu­lie­rung von KI, was ei­ne sorg­fäl­ti­ge Na­vi­ga­ti­on er­for­der­lich macht, um da­ten­schutz­kon­form zu blei­ben und gleich­zei­tig das vol­le Po­ten­zi­al der KI zu nut­zen.


War­um wird re­gu­liert?

Der AI Act zielt dar­auf ab, das Ver­trau­en in KI zu stär­ken. Wäh­rend vie­le KI-Sy­ste­me ri­si­ko­arm sind, gibt es be­stimm­te Sy­ste­me, de­ren Ri­si­ken adres­siert wer­den müs­sen, um ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen zu ver­hin­dern. Ein zen­tra­les Pro­blem ist die In­trans­pa­renz von KI-Ent­schei­dun­gen, was die Be­ur­tei­lung und Kon­trol­le er­schwert, bei­spiels­wei­se bei Ein­stel­lungs­pro­zes­sen oder der Ge­wäh­rung öf­fent­li­cher Lei­stun­gen.

Das Schwei­zer Da­ten­schutz­ge­setz (DSG) und KI

Das DSG bie­tet ei­nen tech­no­lo­gie­neu­tra­len Rah­men, der auch für KI-An­wen­dun­gen re­le­vant ist. So sind bei­spiels­wei­se fol­gen­de In­stru­men­te des DSG auch auf KI-An­wen­dun­gen an­wend­bar:


  • Au­to­ma­ti­sier­te Ein­zel­ent­schei­dun­gen: Be­reits heu­te wer­den Ent­schei­dun­gen, die voll­au­to­ma­tisch oh­ne mensch­li­ches Ein­grei­fen ge­trof­fen wer­den, durch das DSG re­gu­liert. Es be­stehen un­ter an­de­rem In­for­ma­ti­ons- und Aus­kunfts­pflich­ten.


  • Grund­satz Pri­va­cy by De­sign und Pri­va­cy by De­fault: KI-Sy­ste­me müs­sen von An­fang an un­ter Be­rück­sich­ti­gung des Da­ten­schut­zes ent­wickelt und ein­ge­setzt wer­den.


  • Pro­filing: Pro­filing durch Bun­des­or­ga­ne oder Pro­filing durch Pri­va­te mit ho­hem Ri­si­ko für be­trof­fe­ne Per­so­nen setzt de­ren aus­drück­li­che Ein­wil­li­gung vor­aus.


  • Bio­me­tri­sche Da­ten: Die Be­ar­bei­tung setzt ei­nen Recht­fer­ti­gungs­grund oder ei­ne aus­drück­li­che Ein­wil­li­gung durch die be­trof­fe­ne Per­son vor­aus. Bun­des­or­ga­ne be­nö­ti­gen ei­ne for­mel­le ge­setz­li­che Grund­la­ge.


  • Da­ten­schutz-Fol­gen­ab­schät­zung (DS­FA): Birgt der Ein­satz ei­nes KI-Sy­stems be­son­de­re Ri­si­ken, kön­nen die­se mit­tels ei­ner DS­FA er­kannt und Mass­nah­men er­grif­fen wer­den. Der Ein­satz von neu­en Tech­no­lo­gi­en wird aus­drück­lich er­wähnt.


  • Zu­wei­sung von Ver­ant­wort­lich­kei­ten: Ver­ant­wort­li­cher und Auf­trags­ver­ar­bei­ter sind glei­cher­mas­sen für die Ein­hal­tung der recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen ver­ant­wort­lich.


Der EU Ar­ti­fi­ci­al In­tel­li­gence Act (AI-Act) und sei­ne Be­deu­tung für Schwei­zer Un­ter­neh­men

Schwei­zer Un­ter­neh­men, die in der Eu­ro­päi­schen Uni­on ak­tiv sind, müs­sen sich auf die Ein­füh­rung des EU Ar­ti­fi­ci­al In­tel­li­gence Act (AI Act) ein­stel­len, der in Tei­len be­reits ab Fe­bru­ar 2025 und vol­um­fäng­lich ab Au­gust 2026 gül­tig ist. Auf­grund sei­ner ex­tra­ter­ri­to­ria­len Wir­kung be­trifft der AI Act nicht nur in der EU an­säs­si­ge Un­ter­neh­men, son­dern auch Schwei­zer Un­ter­neh­men, die in der EU tä­tig sind. Das heisst, Schwei­zer Un­ter­neh­men, die be­reits dem Schwei­zer Da­ten­schutz­ge­setz (DSG) und der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung (DS­GVO) un­ter­lie­gen, müs­sen prü­fen, ob zu­sätz­li­che Ver­pflich­tun­gen un­ter dem AI Act für sie gel­ten.


Der AI Act ver­folgt ei­nen me­tho­di­schen An­satz zur KI-Re­gu­lie­rung. Er klas­si­fi­ziert KI-Sy­ste­me nach ih­rem Ri­si­ko­po­ten­zi­al in vier Ka­te­go­ri­en:


  • Un­zu­läs­si­ge Ri­si­ken: Ein ge­ne­rel­les Ver­bot für be­stimm­te An­wen­dun­gen mit spe­zi­fi­schen Aus­nah­men, wie zum Bei­spiel So­ci­al Scoring, mar­kiert die streng­ste Ka­te­go­rie.


  • Hoch­ri­si­ko-KI-Sy­ste­me: Die­se Ka­te­go­rie er­for­dert von den Un­ter­neh­men die Im­ple­men­tie­rung ei­nes um­fas­sen­den Ri­si­ko­ma­nage­ment­sy­stems, bei­spiels­wei­se bei der Ver­wal­tung öf­fent­li­cher Dienst­lei­stun­gen.


  • Be­grenz­tes Ri­si­ko: Für KI-An­wen­dun­gen mit be­grenz­tem Ri­si­ko, wie et­wa Chat­bots, gel­ten In­for­ma­ti­ons­pflich­ten und die Not­wen­dig­keit von Warn­hin­wei­sen ge­gen­über den Nut­zern über mög­li­che Fehl­in­for­ma­tio­nen.


  • Mi­ni­ma­les Ri­si­ko: An­wen­dun­gen, die als mi­ni­mal ris­kant ein­ge­stuft wer­den, un­ter­lie­gen kei­ner spe­zi­fi­schen Re­gu­lie­rung durch den AI Act.


Für Schwei­zer Un­ter­neh­men be­deu­tet dies ei­ne sorg­fäl­ti­ge Ana­ly­se und ge­ge­be­nen­falls ei­ne An­pas­sung ih­rer KI-Sy­ste­me, um den neu­en An­for­de­run­gen un­ter dem AI Act zu ent­spre­chen.

Sank­tio­nen im Ver­gleich

Auch hin­sicht­lich der Sank­tio­nie­rung von Ver­stös­sen ver­fol­gen das DSG und der AI Act un­ter­schied­li­che An­sät­ze. Seit der To­tal­re­vi­si­on sieht das DSG Stra­fen bis zu CHF 250’000 für Ver­stös­se vor und fo­kus­siert sich auf in­di­vi­du­el­le Ver­ant­wort­lich­kei­ten in­ner­halb der Un­ter­neh­men. Der AI Act hin­ge­gen klas­si­fi­ziert KI-Sy­ste­me nach Ri­si­ko­le­vel und setzt mit Stra­fen von bis zu EUR 40 Mil­lio­nen oder 7% des welt­wei­ten Jah­res­um­sat­zes deut­lich hö­he­re Sank­tio­nen an, die di­rekt Un­ter­neh­men be­tref­fen kön­nen.


Was ist mit den Im­ma­te­ri­al­gü­ter­rech­ten?

Ins­be­son­de­re frei zu­gäng­li­che KI-Sy­ste­me wer­den mit dem ge­sam­ten Wis­sen des In­ter­nets ge­füt­tert. Ob für den Out­put ge­schütz­te Wer­ke ver­wen­det wer­den, ist oft un­ge­wiss und die Wei­ter­ver­wen­dung zu kom­mer­zi­el­len Zwecken wird zum Klum­pen­ri­si­ko, weil da­mit Schutz­rech­te Drit­ter ver­letzt wer­den könn­ten. Auch nach schwei­ze­ri­scher Rechts­ord­nung be­geht ei­ne Ur­he­ber­rechts­ver­let­zung, wer ur­he­ber­rechts­ver­let­zen­de Er­geb­nis­se ei­nes KI-Sy­stems ver­wen­det.


Jüngst ha­ben die fran­zö­si­schen Kar­tell­wäch­ter ei­ne Straf­zah­lung von 250 Mio. Eu­ro ge­gen Goog­le er­wirkt. Fran­zö­si­sche Me­di­en­häu­ser hat­ten ge­gen die Me­ta-Toch­ter ge­klagt, weil de­ren KI-An­wen­dung «Ge­mi­ni» oh­ne Vorab­in­for­ma­ti­on mit ih­ren In­hal­ten trai­niert wur­de. Ei­ne wei­te­re pro­mi­nen­te Kla­ge der «New York Times» ge­gen OpenAI und Mi­cro­soft (ChatGTP) ist beim Fe­deral Di­strict Court in Man­hat­tan hän­gig.


Im Be­reich der Im­ma­te­ri­al­gü­ter­rech­te gilt es folg­lich noch ei­ni­ge Ge­richts­ent­schei­de und ins­be­son­de­re de­ren Be­grün­dun­gen ab­zu­war­ten.

Fach­ar­ti­kel der Swiss In­fo­sec AG vom 02.04.2024, Kom­pe­tenz­zen­trum Da­ten­schutz

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