Am 1. Mai haben vielerorts die Freibäder wieder geöffnet. Auch wenn bei 16 Grad Wasser- und 18 Grad Aussentemperatur noch nicht alle Badenixen und Wassermänner sofort ihre Badetaschen packen, ist die Badieröffnung doch so etwas wie ein klarer Indikator für den Sommer. Jetzt dauert es nicht mehr lange, bis wir nach den ersten Schwimmzügen im Gras liegen und uns in der Sonne trocknen lassen, uns nach dem Feierabend mit Familie und Freunden in der Badi treffen und auch mal wieder einen Sprung vom Turm ins Wasser wagen – Freiheitsgefühl, Adrenalinschub und Jugendlichkeit. Ja, der Sommer fühlt sich gut an. Damit wir unbeschwert das kühle Nass geniessen und uns in Sommerlaune fallen lassen können, haben hinter den Kulissen viele gute Geister alle Hände voll zu tun. Sicherheit bedeutet nicht nur, dass Bademeister*innen mit wachen Augen den Badebetrieb verfolgen, sondern auch die Wasserqualität muss überwacht werden und die Anlagen müssen gereinigt und instand gehalten werden. Bei der Reinigung der Sprungtürme in teils schwindelerregender Höhe muss für die Badiangestellten vor allem eines im Vordergrund stehen: nämlich die Vermeidung von Arbeitsunfällen.
Christoph Odermatt ist Leiter des Bereichs Sicherheit und Sicherheitsbeauftragter (SIBE) der Gemeinde Emmen und unter anderem für das Frei- und Hallenbad Mooshüsli zuständig. Er hat das CAS «Risk and Safety Management» besucht und in seiner Projektarbeit Risiken und Sicherheit im Frei- und Hallenbad Mooshüsli unter die Lupe genommen. Herausgekommen sind Erkenntnisse, wie die Sicherheit im Badebetrieb verbessert und Risiken minimiert werden können. Wir dürfen die wichtigsten Ergebnisse und Auszüge aus seiner Arbeit hier vorstellen.
Das Frei- und Hallenbad Mooshüsli
Das Frei- und Hallenbad Mooshüsli ist ein wichtiger Träger
für die Freizeitgestaltung der Emmer Bevölkerung. Badegäste jeden Alters, Stammgäste wie
Gelegenheitsbesucher, Einzelpersonen wie auch Familien mit Kindern, Personen
mit sportlichen Ambitionen, Schwimmvereine sowie Schulklassen zählen zu den
Kunden des Frei- und Hallenbads.
Das Frei- und Hallenbad Mooshüsli bietet einen Winter- wie auch Sommerbetrieb. Mit einer Anlagefläche von ca. 36'000 m² (Frei- und Hallenbad inkl. Wellnessbereich) zählt es zu einer der grösseren öffentlichen Begegnungszonen in der Agglomeration Luzern. In den vergangenen Jahren haben im Schnitt über 260'000 Gäste jährlich das Bad besucht.
Organisation und Betrieb
Das Frei- und Hallenbad Mooshüsli beschäftigt gegenwärtig 14 Personen in unterschiedlichen Funktionen. Dem Bad steht ein Betriebsleiter vor. Der tägliche Zweischicht-Betrieb im Frei- und Hallenbad inkl. Wellnessbereich wird durch drei Teams abgedeckt: Team Badmeister, Team Kasse und Team Reinigung. Das Hallenbad ist ganzjährig in Betrieb. Während der Sommersaison von Anfang Mai bis Mitte September herrscht Doppelbetrieb: Hallen- sowie Freibadbetrieb. Die im Hallenbad integrierte Wellness-Anlage wird von Anfang September bis Ende Juni betrieben.
Gesetze und Vorgaben
Zu den wesentlichen Pflichten eines Schwimmbadbetreibers gehören die Gewährleistung einer mängelfreien Badeanlage, einer ausreichender Badwasserqualität und Umgebungshygiene. Ausserdem muss die Überwachung und Ordnung des Badebetriebs mit ausgewiesenen Fachleuten sichergestellt werden. Beim Betrieb eines Schwimmbads wie des Frei- und Hallenbads Mooshüsli sind folgende gesetzliche Grundlagen zu beachten:
- Bundesverfassung (BV, Art. 110)
- Obligationenrecht (OR)
- Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG)
- Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV)
- Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (ArG)
- Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (LMG)
- Bundesgesetz über den Schutz vor gefährlichen Stoffen und Zubereitungen (ChemG)
- EKAS-Richtlinie Nr. 6508 über den Beizug von Arbeitsärzten und anderen Spezialisten der
- Arbeitssicherheit
- Lehrplan 21
Sicherheitsmanagement: Gefahrenermittlung und -bewertung
Um ein strukturiertes Sicherheitsmanagement aufzubauen und umzusetzen, müssen die relevanten Stakeholder und deren Interessen analysiert werden. Im Frei- und Hallenbad Mooshüsli wurden Kundinnen, Kunden und Mitarbeitende als Stakeholder oberster Priorität bezüglich Sicherheit definiert.
In einem nächsten Schritt wurden Risiken definiert und bewertet. Ein Risiko, welches dabei als «hoch» eingestuft wurde, ist nachfolgend näher beschrieben.
Risikomatrix
Arbeitsunfall auf dem Sprungturm
Sprungtürme müssen regelmässig gereinigt werden, da ansonsten durch die Feuchtigkeit und Nutzung eine rutschige Filmschicht sowie Verkeimungen entstehen. Die Reinigung mit chemischen Reinigungsmitteln findet in der Höhe statt und wird ausserhalb der Betriebszeiten durchgeführt. Übermüdung, unkonzentrierte hektische Arbeitsausführung oder falsche Handhabung der Gerätschaft kann zu Stolper- und Sturzunfällen führen. Leichtsinniger Umgang mit chemischen Reinigungsmitteln kann Verletzungen oder Verätzungen zur Folge haben. Damit diese Risiken verhindert werden, bestehen im Frei- und Hallenbad Mooshüsli bereits verschiedene Sicherheitsvorkehrungen: Bei diesen Tätigkeiten tragen die Mitarbeitenden die dafür notwendige Schutzausrüstung. Ausserdem werden die Reinigungsarbeiten nur von Personal durchgeführt, das im Umgang mit chemischen Reinigungsmitteln geschult wurde. Beim Einsatz neuer Reinigungsmittel werden Chemikalien-Kurse durchgeführt.
Um Schadensausmass und Eintrittswahrscheinlichkeit dieses Risikos weiter
zu vermindern, wurden in der Arbeit weitere Massnahmen vorgeschlagen:
Massnahmenumsetzung
Risiko 1: Arbeitsunfall (Chemikalien, Sturz)
- Einführung
Dreischicht-Betrieb
Mit der Erweiterung des Zweischicht-Betriebs auf einen Dreischicht-Betrieb werden kürzere Präsenzzeiten geschaffen. Dies gewährleistet einen stärkeren Fokus auf die zugewiesene Reinigungstätigkeit – auch nach Badeschluss. Hektik und Unaufmerksamkeit in der Arbeitsausführung werden reduziert. - Einführung Nachweispflicht
(schriftliche Dokumentation über Umsetzung der Schulungen, Instruktions- und
Sensibilisierungsmassnahmen)
Mit der Umsetzung der Information zur Nachweispflicht kann klar dokumentiert werden, wo Lücken im Fachwissen vorhanden und allenfalls notwendige Schulungen nötig sind. - Überprüfung Arbeitsmittel
Bei der Reinigung der Sprungtürme werden viele Gerätschaften verwendet. Es soll eine Reduktion der benötigten Arbeitsmittel geprüft werden, um einen geordneten Arbeitsplatz zu gewährleisten.
Dieses Beispiel zeigt, welchen Nutzen ein systematisches Sicherheitsmanagement bringen kann. Neben den neuen Massnahmen, die hier vorgeschlagen werden, ist beim Thema Sicherheit die Sensibilisierung ein zentrales Thema: In der Alltagsroutine gehen Aufmerksamkeit und Konzentration manchmal unter. Trotz ausreichender Schutzmassnahmen kann es zu Fehlern und Unfällen kommen. Das ist menschlich: wenn wir etwas oft tun, fühlen wir uns sicher und unsere Aufmerksamkeit nimmt ab. Sicherheit dann wieder zu thematisieren und bewusst zu machen, ist ein zentrales Anliegen eines Sicherheitsmanagements. Im besten Fall führt das dazu, dass sich die Gäste des Frei- und Hallenbads Mooshüli nach dem Adrenalin-Kick auf dem Sprungturm dann doch unbeschwerter fallen lassen können. Was für grossartige Sommeraussichten!
Wir danken Christoph Odermatt und der Gemeinde Emmen für die Einblicke in ihre Arbeit.
Quelle: Christoph Odermatt: Sicherheitsmanagement-Konzept Frei- und Hallenbad Mooshüsli, Emmen
Projektarbeit im «CAS Risk & Safety Management», Februar 2022