Sogenannte Handmessgeräte, wie z.B. Messschieber, Bügelmessschrauben oder Messuhren, sind in nahezu allen Bereichen vertreten, in denen es um die Fertigung von Produkten geht.
Damit man hinsichtlich der Konstruktionsmerkmale, bspw. Einbaumasse bei Messuhren und der messtechnischen Merkmale, wie z.B. Angaben der Genauigkeit, eine einheitliche Sprache benutzt, sind diese Geräte in internationalen Normen beschrieben. Für die Verständigung im Handel und Technik – besonders innerhalb Europas, aber auch in der ganzen Welt – ist das ein grosser Vorteil.
ISO-Normen für die Handmesstechnik sind Teil der sogenannten GPS-Normen (Geometrical Product Specifications) und werden auf internationaler Ebene durch den Technischen Ausschuss TC 213 in der Arbeitsgruppe 6 erarbeitet.
Für alle Länder der Europäischen Union der EFTA-Staaten und dem Vereinigten Königreich ist die internationale Normung im Bereich der Längenmesstechnik von entscheidender Bedeutung, denn gemäss der Wiener Vereinbarung sind die internationalen Normen verpflichtend für europäische und nationale Normen. Aus einer ISO-Norm wird z.B. eine SN EN ISO für die Schweiz oder eine DIN EN ISO für Deutschland.
Existiert für ein Längenmessgerät eine nationale Norm zum gleichen Thema, muss diese nach dem Erscheinen der ISO-Norm zurückgezogen werden. Auch wenn nationale «historische» Normen häufig noch als Referenz benutzt werden, entsprechen diese dann nicht mehr dem Stand der Technik und werden im Zweifelsfall nicht mehr anerkannt.
Der Stellenwert der nationalen Normung wird also immer geringer und die Aufgabe nationaler Normungsgremien besteht in erster Linie darin, aktiv internationale Normen mitzugestalten und gegebenenfalls die Übersetzung in die jeweilige Sprache zu kontrollieren. Vielmehr werden die Ideen, das eine oder andere Thema zu normieren, von den nationalen Ausschüssen direkt in die ISO getragen, um dort bearbeitet zu werden. Rein nationale Themen sind in Europa mittlerweile eher eine Seltenheit.
Im Jahr 2018 ist mit der ISO 14978 eine Grundnorm erschienen, die allgemeine Grundsätze und Anforderungen für GPS-Messeinrichtungen beschreibt. Diese komplett überarbeite Norm ersetzt die Ausgabe von 2006 und schafft die Grundlage für die Erarbeitung von Gerätenormen der zweiten Generation, wie z.B. Messschieber (ISO 13385-1:2019) oder Tiefenmessschieber (ISO 13385-2:2020).
Grundlegende Schwächen der Vorgängerversionen, das heisst der ersten Generation, wie z.B. fehlende Vorschläge für Grenzwerte der Messabweichung oder unvollständige Prüfverfahren, wurden integriert. Auch wurde in die Norm ein Bezug zur ISO 14253-5 Prüfung von Werkstücken und Messgeräten durch Messunsicherheit bei der Verifikationsprüfung von anzeigenden Messgeräten hergestellt. Wird also die Konformität z.B. eines Messschiebers mit der vom Hersteller gegebenen Spezifikation ermittelt, wird die sogenannte Prüfwertunsicherheit angegeben, die sich von der Messunsicherheit wie sie für die Ermittlung von Referenzwerten benutzt wird unterscheidet (siehe ISO 14978, ISO 14253-5, ISO/IEC Guide 98-3).
In diesem Jahr ist die Neuauflage der ISO 3611:2023 erschienen (Bügelmessschrauben für die Aussenmessung), die konsequent diesen Ansatz weiterverfolgt und es sind bereits die Überarbeitungen der Normen ISO 463 (Mechanische Messuhren), ISO 13225 (Vertikale Längenmessgeräte) und ISO 13102 (Elektronische digitale Messuhren) in Vorbereitung. Voraussichtlich wird im nächsten Jahr die ISO 5059-1 erscheinen, die die 2-Punkt-Innenmessschrauben zum ersten Mal international normt.
Alles in allem liegen noch genügend Projekte auf dem Tisch, die auf eine Bearbeitung warten. Aber dies muss in jedem Fall auf internationaler Ebene geschehen, denn die Zeiten der nationalen Normen sind zumindest im Bereich der Längenmesstechnik überwiegend vorbei.