Es gibt täglich hunderte Momente, in denen es darauf ankommt, dass wir andere überzeugen. Der pubertierende Sohn soll pünktlich in die Schule gehen, die Präsentation vor den Mitarbeitenden soll überzeugen, der Chef soll mir im Meeting zustimmen, der Kunde soll kaufen und für meine neue Hecke soll mein Nachbar sein Einverständnis geben. Mit anderen Worten: Wir müssen überzeugen. Tag für Tag. Doch wie gelingt das?
Sonja Dänzer, Philosophin, Kommunikationstrainerin, Coach, Moderatorin, Paartherapeutin und Gründerin von The Green Fairy gab uns im QQ-Impuls «Überzeugend kommunizieren» 13 wertvolle Tipps, wie wir die Herausforderung meistern, Vorgesetze und Teammitglieder von Ideen zu überzeugen und sie für Projekte zu begeistern. 13 wirkungsvolle, praxisnahe Tipps und Strategien für überzeugendes Auftreten, Argumentieren und Kommunizieren, die Du sofort umsetzen kannst.
Prinzip 1
Wähle den richtigen Moment
Den richtigen Zeitpunkt zu wählen, wird oftmals unterschätzt. Da man vielfach unter Zeitdruck ist, möchte man gerne hier und da eine Entscheidung genau jetzt erreichen, ohne zu hinterfragen, ob jetzt überhaupt der richtige Moment dafür ist. Wissenschaftlich ist erwiesen, dass es nicht ideal ist, wenn Gesprächspartner*innen hungrig, müde oder gestresst sind. So konnte nachgewiesen werden, dass Richter vor der Mittagspause kritischer entschieden haben als nach dem Essen.
Tipp: Gemäss Studien sind Gesprächspartner*innen immer dann sehr positiv eingestellt, nachdem sie sich für etwas bei Dir bedankt haben, was Du für sie gemacht hast.
Prinzip 2
Tritt selbstbewusst auf
Selbstbewusstes Auftreten hilft, glaubwürdiger rüberzukommen. Dass selbstbewusstes Auftreten sogar ausschlaggebender ist als die eigentliche Expertise der jeweiligen Person, ist wissenschaftlich belegt. Obschon das ein weniger positiver Fakt ist, darfst Du dies nicht ausser Acht lassen.
Um selbstbewusst aufzutreten, ist es wichtig, dass Körpersprache , Stimme und Worte zusammenpassen. Achte auf Deine Gefühle und äussere freudige oder traurige Botschaften so, dass es zu Deiner Gefühlslage passt. Wenn Du gegensätzliche Signale sendest, schwächst Du Deine Botschaft. Um Dein Auftreten weiter zu stärken, hilft es, Bewegung in die Stimme zu bringen, das heisst nicht monoton zu sprechen.
Tipp: Solltest Du beispielsweise bei einer Präsentation ein eher kritisches Publikum haben, hilft es, wenn Du tendenziell etwas schneller sprichst. Das Sprechtempo signalisiert Fachkompetenz. Zudem hängen die Zuhörenden gedanklich weniger rasch ab, da sie den Sprechenden folgen möchten.
Prinzip 3
Sei authentisch
Authentische Menschen wirken wahrhaftig, ungekünstelt, offen und entspannt. Sie sind im Einklang mit sich selbst. Das spürt auch die Umwelt. Wenn Du dementsprechend selbst an das glaubt, was Du kommunizierst, dann wirst Du als authentisch wahrgenommen. In der zwischenmenschlichen Kommunikation läuft viel intuitiv ab: Wenn jemand etwas vorspielt, muss die Person sehr gut schauspielern können, damit das unbemerkt bleibt. Und wenn man jeden Tag etwas vorspielen muss, dann sollte man sich selbst fragen, ob das tatsächlich der richtige Job ist – ausser man ist Schauspieler bzw. Schauspielerin. 😉
Wie kannst Du authentischer werden? Indem Du beispielsweise von eigenen Erfahrungen erzählst, Anekdoten einbringst oder Geschichten einfliessen lässt, die Du erlebt hast. Das macht Dich «fassbar» und die Zuhörenden lernen Dich besser kennen.
Tipp: Sprich über Deine eigenen Erfahrungen, auch über Hürden und Bedenken, die Du hattest und die Du überwinden musstest. Das zeigt, dass Du mit den gleichen «Problemen» zu kämpfen hattest und baut Empathie auf. Es zeigt auch, woran Du Freude hast. Das macht Dich sympathisch.
Zu einem authentischen Auftritt gehört auch die Kleidung: Sie soll bequem und dem Umfeld entsprechend angepasst sein. Wenn Du Dich in der Kleidung nicht wohl fühlst, weil sie unbequem oder nicht dem Anlass entsprechend ist, dann strahlst Du das auch aus.
Prinzip 4
Hör Deinen Gesprächspartner*innen wirklich zu
Bei der überzeugenden Kommunikation geht es nicht darum, möglichst viel zu «senden». Wenn Du überzeugen möchtest, musst Du vielmehr die Wünsche und Bedürfnisse des Gegenübers erfassen. Frage hierfür nach und zeige Interesse. Das fördert das gegenseitige Verständnis und Deine Gesprächspartner*innen fühlen sich gehört und verstanden.
Im Gesprächs-Ping-Pong findest Du heraus, was Deinem Gegenüber wichtig ist. Das kannst Du bei Deiner Argumentation wiederum einfliessen lassen und hilft Dir, zu überzeugen.
Tipp: Zuhören ist das A und O, wenn es darum geht, überzeugend zu kommunizieren. Wenn jemand aufgebracht ist oder emotional reagiert, ist Zuhören das Erste, das Du machen solltest. Wer «Dampf ablassen» konnte, ist viel besser in der Lage, sich auf ein nachfolgendes Gespräch einzulassen. Wenn Du dann auch noch Verständnis zeigst, wirkst Du empathisch.
Prinzip 5
Gib Deinen Gesprächspartner*innen die richtigen Anreize
Wenn Du gut zugehört und nachgefragt hast, kennst Du die Bedürfnisse Deiner Gesprächspartner*innen. Dadurch bist Du in der Lage, die richtigen Anreize zu geben:
- Ökonomische Anreize: Beispielsweise mehr Umsatz, mehr Gewinn oder Verlustverhinderung. Interessant ist hierbei, dass wissenschaftlich belegt ist, dass Menschen mehr Angst vor Verlust haben als Freude an Gewinn. So könnte ein Beispiel für eine Verlustverhinderung die Reduktion von Ausschuss in der Produktion sein.
- Soziale Anreize: Ein Beispiel ist hier die Gruppenkonformität (alle machen das bzw. Me-too-Effekt), da Menschen sich gerne Gruppen angehörig fühlen. Du könntest hierfür unter anderem Referenzkundenlisten und Testimonials einsetzen.
- Moralische Anreize: Da Menschen in der Regel «gute Menschen» sein möchten, funktionieren moralische Anreize in der Regel ebenfalls gut. Zum Beispiel könntest Du bei einem Produkt die Umweltverträglichkeit hervorheben.
Tipp: Die Anreize, die Du vorbringst, sollten immer Deinen Gesprächspartner*innen angepasst sein, sie sollten also zielgruppengerecht sein. Im Gespräch – beim Zuhören – kannst Du herausfinden, für welchen Anreiz jemand empfänglich ist. Wenn Du beispielsweise mit einem niedrigen Benzinverbrauch argumentierst, Deine Gesprächspartner*innen aber keinen Wert hierauf legen, sondern benzinverschlingende SUV mit über 200 PS fahren, dann ist das sicher nicht der richtige Anreiz, um zu überzeugen.
Prinzip 6
Sprich auch über Gegenargumente
Dass Du selbst die Gegenargumente auf den Tisch bringen sollst, wirkt auf den ersten Blick unlogisch. Aber genau das erhöht Deine Glaubwürdigkeit und demonstriert Deine Expertise. Es zeigt Deinem Gegenüber, dass Du Dich differenziert mit dem Thema auseinandergesetzt hast.
Tipp: Überlege Dir vor jedem Gespräch, welche Gegenargumente aufkommen könnten. So bist Du vorbereitet und kannst diese souverän entkräften. Du kannst Dir im Vorfeld Gedanken machen, welche Gegenargumente Du erwähnen möchtest und welche lieber nicht. Auf diese Weise steuerst Du das Gespräch aktiv.
Prinzip 7
Habe positive Erwartungen an Deine Gesprächspartner*innen
Die positive Haltung ist das A und O, denn Deine innere Haltung – egal, ob positiv oder negativ – kommt nonverbal rüber. Wie schon beschrieben, läuft in der zwischenmenschlichen Kommunikation viel intuitiv ab. Eine positive Haltung gibt Dir positive Energie und eine positive Ausstrahlung. Das hilft Dir im Gespräch weiter.
Tipp: Visualisiere Dir vor dem Meeting einen positiven Gesprächsverlauf. Denke an ein vergangenes Gespräch, das positiv verlief. Das positive Gefühl wird Dich begleiten und unterstützen.
Prinzip 8
Sag «wir»
Menschen möchten gerne zu Gruppen dazugehören. Das kannst Du für Deine Kommunikation nutzen: Wir-Botschaften helfen Dir, Deine Gesprächspartner*innen einzubeziehen. Anstatt mit «Ich» und «Du» Gegenpole zu schaffen, bezieht das «Wir» alle an der Kommunikation beteiligten ein und schafft ein Gemeinschaftsgefühl.
Tipp: Gewaltfreie Kommunikation ist eine perfekte Technik, die sich sowohl für schwierige Gesprächssituationen als auch für Feedbacks bestens eignet. Zum Modell der gewaltfreien Kommunikation gibt es viel Literatur oder auch Kurse. Wenn Dich interessiert, wie Du Deine Kommunikation verbessern kannst, lohnt es sich, Dich damit tiefer auseinanderzusetzen.
Prinzip 9
Sag «Ja, und» statt «Nein, aber»
Neben der positiven Ausstrahlung solltest Du auch positive Formulierungen wählen. Im deutschsprachigen Raum neigt man dazu, mit «aber» auf Argumente zu reagieren. Äussere Dich positiv und entgegne Gegenargumente nicht mit «ja, aber…», sondern lieber mit «ja und…». Versuche, negative Sachverhalte klar und ohne Bewertung zu kommunizieren.
Tipp: Versuche zu formulieren, was Du wünschst und nicht das, was Du nicht möchtest. Stemme Dich dabei nicht gegen Einwände, sondern nimm sie an und integriere sie in Deine Argumentation.
Prinzip 10
Bezieh Dich auf etwas, was Deine Gesprächspartner*innen in der Vergangenheit schon getan haben
Um leichter zu überzeugen, kannst Du vergangene Sachverhalte miteinbeziehen, die Deine Gesprächspartner*innen betrafen. Beispielsweise kannst Du Dich auf frühere Entscheide, die gefällt wurden, berufen: «Letztes Jahr hattet Ihr in der gleichen Situation das Budget erhöht». Dass Menschen – vor allem Führungskräfte – konsistent sein möchten, spielt Dir in die Karten.
Tipp: Damit Du dich auf vergangene Sachverhalte beziehen kannst, solltest Du Dich im Vorfeld gut informieren und Dein Gegenüber kennen, damit Du weisst, welche Anreize zielführend sind.
Prinzip 11
Bringe Deine Gesprächspartner*innen dazu, Dir zuzustimmen
Wie erreichst Du Zustimmung, ohne dass definitiv zugestimmt wurde? Mit einer ganz einfachen Technik: Stelle Rückfragen! Zum Beispiel «Macht das Sinn für Sie?», «Sind Sie so weit einverstanden?», «Finden Sie das auch gut?», «Ist das okay für Sie?». So kannst Du Dich Schritt für Schritt zur finalen Zustimmung hinarbeiten.
Tipp: Notiere Dir die Schritte und die Punkte, bei denen Du zwischendurch die Zustimmung eingeholt hast. Solltest Du beim ersten Anlauf nicht zum Ziel kommen, weisst Du genau, ab wann bzw. ab welchem Schritt es scheiterte. Es gibt Dir somit die Möglichkeit, genau dort einzusteigen, wo es nicht mehr geklappt hat, anstatt nochmals ganz von vorne zu beginnen.
Prinzip 13
Sei hartnäckig
Leider funktioniert nicht alles gleich beim ersten Mal. Manchmal braucht es mehrere Anläufe. Davon darfst Du Dich nicht entmutigen lassen: Gib nicht zu schnell auf! Dass es nicht geklappt hat, kann verschiedene Gründe haben, wie z.B., dass die Gesprächspartner*innen nicht alle auf demselben Informationsstand waren wie Du oder vielleicht möchten sie ganz einfach zuerst noch einmal darüber schlafen.
Tipp: Lass’ den Kopf nicht hängen. Mit allen 13 Tipps hast Du mehr als genug Möglichkeiten, an verschiedenen Punkten anzuknüpfen und es nochmals zu versuchen. Hier schliesst sich der Kreis zum ersten Punkt: Der richtige Zeitpunkt. Finde den nächsten Zeitpunkt und dann leg’ auf ein Neues los!
Fazit
Wir kommen in unserem Alltag immer wieder in Situationen, wo wir versuchen müssen, andere zu überzeugen. Am allerbesten gelingt dies auf der Basis gegenseitigen Vertrauens und gegenseitiger Wertschätzung. Gute Argumente können dabei hilfreich sein, aber sie sind längst nicht so entscheidend wie Deine persönliche Glaubwürdigkeit, Dein Auftreten und die Bedürfnisse der Person, die überzeugt werden soll. Um überzeugend zu kommunizieren, bedarf es also einer guten Portion Selbstsicherheit und der Fähigkeit, gut zuzuhören, um auf die Bedürfnisse des Gegenübers eingehen zu können.
Überzeugend kommunizieren
Video QQ-Impuls
Wir haben Dir den gesamten QQ-Impuls aufgezeichnet, so dass Du Dich auch im Nachhinein über dieses interessante Thema informieren kannst.
Im Video siehst Du auch die Fragen der QQ-Impuls-Teilnehmenden und interessanten Antworten von Sonja.